Syrinx Nr. 123
Richard Müller-Dombois
Leitfaden Musikgeschichte
Von der Antike bis zur Gegenwart in 52 Vorlesungen
Meinem ältesten Bruder Dr. Dr.h.c. Dieter Mueller-Dombois
Professor emeritus Department of Botany University of Honolulu / Hawaii
zum 80. Geburtstag gewidmet
Detmold 2005: 308 Seiten, Format Din A4
ISBN 3-00-016100-7
18.– €
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Vorwort
„Das geistig-seelische Wesen eines Menschen ist umso tiefer, je gründlicher sein Wissen um die geschichtliche Vergangenheit des Menschengeschlechts ist. Wer die Geschichte – und dabei ist ebenso sehr an die politische wie an die Geistesgeschichte zu denken – innerlich erlebt, weiß ungleich mehr von dem schöpferischen Vermögen und ungleich mehr von den dämonischen Verführungen des Menschen als der, dessen Blick nicht über seinen täglichen Erfahrungsbezirk hinausreicht.“
Diese Worte meines 1978 verstorbenen Vaters, des von seinen zahlreichen Schülern hoch verehrten Pädagogen, Philosophen, Germanisten und Historikers Georg Müller, mit denen er sein 1950 veröffentlichtes Buch Last und Trost der deutschen Geschichte eröffnete, sollen als eine Art Motto auch über diesem Buch stehen. Setzt man für das Wort „Mensch“ das Wort „Musiker“ ein und betrachtet die Musikgeschichte als einen untrennbaren Teil der Geistesgeschichte, so trifft diese Formulierung ziemlich genau die Absicht, die auch dieser Veröffentlichung zugrunde liegt.
Und so ist dieses Buch eine Zusammenstellung der musikgeschichtlichen Vorlesungen, die der Verfasser in den siebziger bis neunziger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts vor Studenten aller Fachrichtungen als Ringvorlesung an der Detmolder Musikhochschule gehalten hat. Die Aufforderung zu jener zusätzlichen Arbeit neben der hauptamtlichen Leitung einer Flötenklasse stammte von dem damaligen Direktor, dem unvergesslichen Martin Stephani.
Mit der hochschulüblichen Maßgabe einer Ringveranstaltung, die sich über jeweils vier Semester erstrecken sollte, mit welcher Dauer dem studentischen Pflichtfach Genüge getan werden musste, war der Rahmen abgesteckt: mehr als eine überblickhafte Betrachtung der Musikgeschichte war nicht möglich, aber auch nicht erforderlich. Die Studenten sollten so viel an „historischer Theorie“ mitnehmen, wie es sich für einen „gebildeten“ Musiker gehört, der eine Hochschulausbildung durchlaufen hat.
Hierbei war zu beachten, dass neben den verschiedenen Fachinteressent der Sänger, Pianisten, Streicher und Bläser, der Studenten mit mehr künstlerischer oder mehr pädagogischer Ausrichtung, die Verschiedenheit der schulischen Vorbildung eine zu berücksichtigende Rolle zu spielen hatte. Auch war der Anteil der Ausländer zu bedenken, die – soweit in der Heimat noch nicht absolviert – hier ihre Beifächer abzulegen hatten und neben Sprachproblemen auch verschiedene Geschichtshorizonte mitbrachten. Diese somit alles andere als eine homogene Gruppe – im Gegensatz z.B. zu einem universitären Auditorium mit gleicher Vorbildung und gleicher Interessenausrichtung -anzusprechende Hörerschaft machte es nötig, viel mit Klavierdemonstrationen und Klangbeispielen per Tonträgern zu arbeiten, wobei man sich immer wieder zusammenfinden und verständigen konnte. Vollends wurden die oftmals doch vorhandenen Erinnerungslücken vor der Abschlussprüfung in einem Repetitorium aufgefüllt, welches ebenso regelmäßig als allwöchentlich zweistündige Veranstaltung angeboten wurde und vor allem den Prüflingen zugute kam. Hierbei konnte häufig festgestellt werden, dass sich ein wirkliches, oftmals sogar brennendes Interesse bei der zweiten Begegnung durch das hier praktizierte Frage- und Antwortspiel einstellte, wozu der im Anhang mitgeteilte Repetitoriums-Katalog mit seinen 250 Fragen die Basis bot.
Zur Freude des Vortragenden gereichte es darüber hinaus, daß sich immer wieder erwachsene Gast-Hörer unter die Studenten mischten, deren ursprüngliches Interesse durch besondere Aufmerksamkeit und gezielte Fragen sich belebend auf die Allgemeinheit auswirkte.
Die damals und später immer wieder gestellte Frage nach der Existenz von geeigneter Literatur zum Selbststudium bzw. zu häuslicher Vor- oder Nachbereitung von Vorlesungen konnte allerdings kaum jemals befriedigend beantwortet werden. Zwar gibt es eine Fülle von Musikgeschichts-Darstellungen, die aber für den „Normalverbraucher“ zu detailreich sind, indem sie alles und jedes bringen, was überhaupt über die Musikgeschichte inzwischen gewusst wird, oder aber so subjektiv ausgerichtet sind, dass die jeweiligen „Steckenpferde“ den Stoff überwuchern, so dass der Überblick über die Gesamtheit der Phänomene behindert wird. Der Verfasser fühlte sich oft an seine eigene Studienzeit erinnert, in der so gut wie kein „lesbares“ Orientierungsbuch zur Verfügung stand, das dem gutwilligen lernbereiten Studierenden länger währende Lust vermittelt hätte, sich mit dieser an sich ebenso interessanten wie für jeden Musiker unabdingbaren Materie zu beschädigen. Da sich diese Situation bis heute nicht wesentlich geändert zu haben scheint, sah sich der Autor veranlasst, dem immer wiederholten Drängen von interessierten Freunden, Kollegen und Studenten nachzukommen und das vorliegende Buch herauszugeben.
Gewiss, die Klangbeispiele müssen hierbei ausgespart bleiben, werden jedoch durch entsprechende Hinweise der Eigeninitiative des Lesers anempfohlen, denn alle genannten Beispiele stehen auf Tonträgern zur Verfügung. Wichtig erscheint es jedoch, nun endlich auch schriftlich einen „roten Faden“ aufzuzeigen, der das Wesentliche aus dem „Gestrüpp der Einzelfakten“ zu einer fassbaren Überschau zusammenbindet.
Der Fachmann der musikwissenschaftlichen Zunft sei von vornherein um Nachsicht gebeten, wenn er Dinge seines Spezialgebiets vermisst, die in diesem Leitfaden nicht enthalten sein können, sei es, weil der vorgegebene Zeitrahmen einzuhalten war, sei es, dass sie dem ausdrücklich intendierten Anspruch auf Wesentlichkeit nicht zu entsprechen vermochten. Im übrigen wurde bewusst darauf verzichtet, bei der jetzt vollzogenen Überarbeitung den damaligen Rahmen zu verlassen, da gerade der Zwang zur Beschränkung die Vorbedingungen dafür schafft, Abschweifungen zu verhindern und an den wesentlichen Phänomenen des Gegenstandes festzuhalten.
Das zugegebenermaßen Ungewöhnliche einer Darstellung in 52 Vorlesungen (nach dem durch die Semester-Dauer vorgegebenen Schlüssel: pro Winter je 14, pro Sommer je 12) soll das Interesse und die Lernbegierde des Lesers immer wieder aufs Neue anregen und wach halten. Eine sinnvolle Gliederung des Stoffes wird allein schon daran ablesbar. Die Mixtur einer „Rede“ mit einer „Schreibe“ dient dem gleichen Zweck und mindert die Gefahr der Eintönigkeit.
Und so möge dieses Buch die Lücke ausfüllen helfen, die bisher so manchen interessierten Studenten, Musiker oder Musikliebhaber davon abgehalten hat, sich ebenso ernst- wie dauerhaft mit der so ungemein interessanten Geschichte der „klingenden Kunst“ des Abendlandes zu beschäftigen.
Besonderer Dank gebührt meinem ehemaligen Schüler Rüdiger Herrmann, der sich liebenswürdigerweise der Durchsicht und, wo nötig, der Korrektur des vorliegenden Textes angenommen hat.
Detmold, im Frühling 2005
Richard Müller-Dombois